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[center]Das Scheitern ist das große moderne Tabu. Es gibt eine Menge populärere Sachbücher über den Weg zum Erfolg, aber kaum eines zum Umgang mit dem Scheitern. Wie wir mit dem Scheitern zurecht kommen, wie wir ihm Gestalt geben und einen Platz in unserem Leben geben mag uns innerlich verfolgen, aber wir diskutieren es selten mit anderen. Statt dessen flüchten wir uns in die Sicherheit des Klischees, zum Beispiel wenn an die Stelle der Wörter "Ich bin gescheitert" das heilende "Nein, das bist Du nicht, Du bist ein Opfer" tritt. Wie bei allem, das man sicher auszusprechen weigert, werden die innere Besessenheit als auch die Scham dadurch nur größer. Unbehandelt bleibt der innere harte Satz: "Ich bin nicht genug." Das Scheitern ist zu einem häufigen Phänomen geworden. Die Versagensgefühle sind nicht durch Geld zu beschwichtigen. Denn das Gefühl, gescheitert zu sein, steigt aus tieferen Gefühlen auf, zum Beispiel, weil es einem nicht gelingt, das eigene Leben vor dem Auseinanderfallen zu bewahren, etwas Wertvollen in sich zu entdecken, zu leben, statt nur einfach zu existieren. Das Scheitern kann eintreten, wenn die Reise ziel- und endlos wird. Richard Sennet[/center]